Reform des Erbschaftsteuerrechts und Schenkungsteuerrechts ab 2009
Anwendung des neuen Rechts
Das Bundesverfassungsgericht hatte das bisherige Erbschaft-/Schenkungsteuerrecht für verfassungswidrig erklärt, weil die verschiedenen Vermögensgegenstände (Grundstücke, Betriebsvermögen, Kapitalanteile) bisher mit unterschiedlichen Wertansätzen zugrunde gelegt wurden. Die nun vorliegende Reform der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beinhaltet insbesondere eine wirklichkeitsnahe Bewertung mit Verkehrswerten; daneben sind zahlreiche Neuregelungen eingeführt worden, von denen die wichtigsten im folgenden Überblick dargestellt werden.
Grundsätzlich treten die Änderungen am 1. Januar 2009 in Kraft. Dieser Stichtag ist insbesondere für Schenkungen entscheidend. Das bedeutet, dass Schenkungen, die bis zum 31.12.2008 vollzogen wurden, noch nach altem Recht zu behandeln sind. Für Erbfälle im Zeitraum vom 1.01.2007 bis zum 31.12.2008 (in der Regel ist der Todestag des Erblassers maßgebend) besteht ein Wahlrecht, d.h. für diese Fälle kann bereits das neue Recht angewendet werden. Der hierfür notwendige Antrag kann nur bis 30. Juni 2009 gestellt werden; danach ist eine Option nicht mehr möglich und muss zwingend das alte Recht angewendet werden (Art. 6 des Erbschaftsteuerreformgesetzes). Zu beachten ist jedoch, dass bei Option zum neuen Recht die „alten“, regelmäßig niedrigeren persönlichen Freibeträge zur Anwendung kommen (Art. 3 des Erbschaftstuerreformgesetzes). Es ist daher zu prüfen, ob die Option zum neuen Recht zu Vorteilen führt.
Privatvermögen: Grundstücke und sonstiges Privatvermögen
Für die erbschaftrechtliche und schenkungsteuerliche Zwecke werden (bebaute) Grundstücke künftig wie folgt bewertet:
- Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen nach den Vergleichswertverfahren (auf Grundlage von Vergleichskaufpreisen bzw. Wertgutachten) oder – wenn kein Vergleichswert vorliegt – nach dem Sachwertverfahren (auf der Grundlage des Bodenwertes sowie der Regelherstellungskosten“ des Gebäudes);
- Mietwohngrundstücke nach dem Ertragswertverfahren (auf der Grundlage eines kapitalisierten Reinertrags), wobei ein Bewertungsabschlag von 10% vorgenommen wird (§ 13c ErbStG n.F.);
- Geschäftsgrundstücke ebenfalls nach dem Ertragswertverfahren – wenn keine übliche Miete ermittelt werden kann, nach dem Sachwertverfahren.
Besonderheit „Familienheim“
Wie bisher schon bei der Schenkung einer selbstgenutzten Wohnung an den Ehegatten gilt künftig auch eine Steuerbefreiung, wenn der Ehegatte bzw. der eingetragene Lebenspartner das Familienheim erbt. Voraussetzung ist, dass der Erblasser die Wohnung bis zum Erbfall zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat; unschädlich ist, wenn der Erblasser aus zwingenden Gründen (z.B. erhebliche Pflegebedürftigkeit) an einer Selbstnutzung gehindet war. Die Steuerbefreiung fällt allerdings rückwirkend weg, wenn der Erbe das Familienheim innerhalb von 10 Jahren nach dem Erbfall nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt (z.B. bei Verkauf oder Vermietung), es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen daran gehindert (z.B. durch erhebliche Pflegebedürftigkeit). Diese Regelungen gelten grundsätzlich ebenfalls, wenn Kinder das Familienheim erben. Auch hier ist für die Steuerbefreiung die 10-jährige Nutzung durch die Kinder erforderlich. Allerdings gilt die Befreiung hier nur insoweit, als die selbstgenutzte Immobilie 200 m² Wohnfläche nicht übersteigt; für größere Objekte fällt ggfls. anteilig Erbschaftsteuer an (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG n.F.).
Sonstiges Privatvermögen
Wie bisher sind Bargeld oder Bankguthaben mit dem Nennbetrag sowie Wertpapiere und börennotierte Aktien mit dem Kurswert anzusetzen. Nichtbörsennotierte Anteile an Kapitalgesellschaften sind mit dem gemeinen Wert (=Verkehrswert) zu berücksichtigen; lässt sich dieser nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, kann künftig ein vereinfachtes Ertragswertverfahren angewendet werden. Besondere Verschonungsregelungen gelten für Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn eine Beteilungung in Höhe von mehr als 25% besteht.
Betriebsvermögen – Bewertung
Statt des bisherigen Ansatzes der Steuerbilanzwerte erfolgt die Bewertung von Betriebsvermögen bei Gewerbetreibenden und Freiberuflern künftig mit dem gemeinem Wert (= Verkehrswert) bzw. nach einem vereinfachten Errtragswertverfahren. Dabei ist der nachhaltig erzielbare Jahresertrag (Durchschnittsertrag der letzten drei Jahre) mit einem Kapitalisierungsfaktor zu multiplizieren (= Liegenschaftszins, Erbpachtzins oder vergleichbare) (siehe auch §§ 109, 199 ff. BewG n.F.).
Verschonungsregelungen
Schon bisher kam beim Erwerb durch Erbfall oder Schenkung vom Betriebsvermögen, Betrieben der Land- und Fortswirtschaft und von Anteilen an Kapitalgesellschaften (bei einer Mindestbeteiligung von mehr als 25%) ein Bewertungsabschlag sowie ein Freibetrag in Betracht. Diese Verschonungsregelung ist jetzt erheblich ausgeweitet, aber auch mit Bedingungen verknüpft worden (siehe §§ 13a, 13b ErbStG n. F.): Grundsätzlich kann zwischen zwei Verfahren gewählt werden:
Regelverschonung | Option (auf unwiderruflichen Antrag mgl.) | |
Verschonungsabschlag vom Betriebsvermögenswert | 85% | 100% |
nicht begünstigt (steuerpflichtig) | 15% | 0% |
Behaltensfrist | 7 Jahre | 10 Jahre |
Mindestlohnsumme des Betriebes/Gesellschaft, d.h. durchschnittlich jährlich |
650% in 7 Jahren 93% |
1.000% in 10 Jahren 100% |
Wird der Betrieb innerhalb der Behalrefrist veräußert, aufgegeben oder werden in diesem Zeitraum wesentliche Betriebsgrundlagen in das Privatvermögen überführt, entfällt der Verschonungszuschlag anteilig entsprechend der im Zeitpunkt der schädlichen Verfügung vorhandenen restlichen Behaltensfrist. Bei Unterschreitung der Mindestlohnsumme vermindert sich der Verschonungsabschlag rückwirkend in demselben prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird. Für den nach Berücksichtigung des Verschonungsabschlags von 85% verbleibenden nichtbegünstigten Teil des Betriebsvermögens wird ein Freibetrag von 150.000 Euro berücksichtigt, der bei Betriebsvermögen im Wert von 1 Mio. bis 3 Mio. Euro kontinuierlich abgebaut wird (§ 13a Abs. 2 ErbStG n.F.).
Freibeträge
Durch die Reform werden die persönlichen Freibeträge durchgängig erhöht. Die Freibeträge können z.B. neben den besonderen Regelungen für das Familienheim (Eigentumswohnung oder Einfamilienhaus) für übriges Vermögen in Betracht kommen und – wie bisher – alle 10 Jahre in anspruch genommen werden (§16, § 14 ErbStG n. F.)
Erwerber | Neues Recht | Bisheriges Recht |
Ehegatten | 500.000 € | 307.000 € |
Lebenspartner (eingetragene) | 500.000 € | 5.200 € |
Kinder | 400.000 € | 205.000 € |
Enkel | 200.000 € | 51.200 € |
übrige Personen der Steuerklasse I (zB Eltern) | 100.000 € | 51.200 € |
Personen der Steuerklasse II (Geschwister, Nichten, Neffen) | 20.000 € | 10.300 € |
Personen der Steuerklasse III (Übrige) | 20.000 € | 5.200 € |
Wie bisher erhält der überlebende Ehegatte neben dem perönlichen Freibetrag einen besonderen Versorgungsfreibetrag in Höhe von 256.000 Euro, der ggfls. um den Kapitalwert von Versorgungsbezügen gekürzt wird; dies gilt jetzt auch für eingetragene Lbenspartner (§ 17 ErbStG n. F.).
Steuersätze
Die Steuersätze sind neu gestaffelt und in den Steuerklassen II und III spürbar angehoben worden:
Wert des steuerpflichtigen Erwerbs bis | Steuerklasse 1 (Ehegatten, Kinder etc.) | Steuerklasse 2 und 3 (Geschwister, Nichten, Neffen etc.) |
75.000 € | 7% | 30% |
300.000 € | 11% | 30% |
600.000 € | 15% | 30% |
6.000.000 € | 19% | 30% |
13.000.000 € | 23% | 50% |
26.000.000 € | 27% | 50% |
über 26.000.000 € | 30% | 50% |